Kulturagentinnen und Kulturagenten Schweiz

Manchmal weisen schuluntypische Gegenstände interessante Spuren für die Arbeit als Kulturagent.

Die Schule ist nicht nur ein Raum der sozialen Interaktionen unter den Menschen. Auch die Objekte sind in dieser sozialen Welt präsent. Objekte und Materialien, die eine entscheidende Rolle und Aufgabe im Prozess des Schulemachens übernehmen, werden häufig als fertige Produkte der Lehrmittelindustrie in die Schule importiert.

Ich erinnere mich noch gut an die Maschine, welche unser Mathematiklehrer im 10. Schuljahr an jenem Morgen im Schulzimmer aufbaute. Eine sehr alte Bohrmaschine übernahm den Antrieb, mit Schraubzwingen am Pult befestigt. Farbige Gummischnüre wurden mit Hilfe eines Stiftes im Bohrfutter fixiert und in einer Distanz von zirka 70 Zentimeter an ein Stuhlbein gebunden, verschiedene Gewichte und Ankerpunkte bereitgelegt. Der Aufbau dauerte wohl fünf Minuten und selten funktionierte die Maschine länger als 10 Sekunden am Stück. Sie war der Einstieg in die Welt der trigonometrischen Funktionen und den entsprechenden Wellenformen.

Manchmal weisen schuluntypische Gegenstände interessante Spuren für die Arbeit als Kulturagent. Da zeugt ein uraltes Headset an einem Nagel im Schulzimmer für Radioambitionen einer Lehrperson oder ein grossartiges und in einer tollen Box verpackten Set an Nagellack spricht vielleicht vom Einbezug ganz anderen Wissens. Und was genau diese Holzbox, welche sich mittels Scharnieren öffnen lässt und inwendig ein ausgeklügeltes Steck- und Verbindungssystem zeigt, anschaulich machte, weiss niemand mehr – «das war vor meiner Zeit», heisst es da.

Beeindruckend ist die Tatsache, dass beinahe jede Person an einer Schule von solchen selbst angefertigten «Lehrmitteln» umgeben ist. Manchmal erzählen diese Gegenstände von fallengelassenen Vorhaben, oft liegen sie beinahe versteckt und noch ohne «Auftritt» beim Leher.innenpult und ab und an werden sie mit dem Ausspruch kommentiert: «Tja, was habe ich mir dabei bloss gedacht...!»

Diese Objekte haben eine Sache gemein: Sie alle bezeugen die forschende Vermittlungstätigkeit der Lehrperson. Meist wird diese forschende Tätigkeit angereichert mit dem Einbezug oder Rückgriff auf die eigene Biografie, auf persönliche Interessen und Neigungen. Und aus dieser Summe an Materialien – Objekte der persönlichen Forschung, Souvenire des Nicht-Eingelösten und industriell gefertigte und anonymisierte Lehrmittel – entsteht dann eben auch Schule.