Die Schrammklasse - Was wirklich geschah.
03. Dezember 2021
von Roman Rutishauser
Der Tontainer Schramm war mitsamt seinem Erfinder Roman Rutishauser während einer Woche an der HPS Flawil zu Gast. Eine Mittelstufenklasse durfte den Tontainer kapern. Nicht alles verlief nach Plan.
Programm 1. Tag: Nach einer Begrüssung durch Roman Rutishauser erhält jeder Schüler, jede Schülerin Zeit, den Tontainer einzeln zu erkunden und sich auf das Klang-Universum einzulassen. Roman Rutishauser ist dabei ein hörender, wenn nötig unterstützender oder auch mal störender musikalischer Partner.
Tagebuch Roman Rutishauser: Die Chance, ganz alleine den Tontainer erkunden zu dürfen, ohne Ablenkung durch andere, war ein grosses Privileg, welches der Schramm-Klasse vorbehalten war. Die Phase des Staunens und der individuellen Annäherung an die Klangwesen führte dazu, dass die Kinder rasch tatsächlich mit den Klängen zu interagierten begannen und nicht nur oberflächliche Tontainer-Touristen blieben. Was sie zu Beginn aber auch ausgiebig tun durften.
Programm 2. Tag: Die SchülerInnen entwickeln und präsentieren kleine Solokonzerte und Duos mit Roman Rutishauser, die sie der ganzen Klasse vorführen.
Tagebuch RR: Am 2. Tag waren Duos von zwei Kindern zwar möglich, aber immer noch stark geprägt durch eigenes Erkunden, die Ohren für die Klänge des/der Partner/in entwickelten sich nur langsam. Auch meine Interventionen wurden weniger als Einladung zum gemeinsamen Spiel beachtet, denn mehr als Inspiration, wie man sich dem entsprechenden Klangwesen auch noch nähern könnte. Dafür beobachtete ich bei allen eine deutliche Hinwendung zu einem oder wenigen Lieblingsobjekten. Im Gegensatz zur gestrigen Neugierde auf ALLES, begannen sich die Kinder zu konzentrieren und liessen sich nicht durch andere ablenken, obwohl dies ein neues Element war.
Programm 3. Tag: Zwei Vierergruppen übernehmen wechselweise die Rolle der Spielenden und Hörenden.
Tagebuch RR: Es ist bekannt, dass Zuhören für viele schwieriger ist, als das eigene, aktive Tun. Die Dauer der Sequenzen richtete ich nach der «Zuhörbelastbarkeit» des «Publikums». Wir veränderten die Form durch ein Nacheinander des Eintretens und Pausierens von Einzelnen. Wenn ich selbst mitspielte, geschah es nun oft, dass die Kinder auf Grooves oder Klangaktionen von mir reagierten und darauf einstiegen. Obwohl dies sehr beliebt wurde, habe ich mich zurückgenommen, um den Kindern die Möglichkeit zu geben, selbst die Musik zu steuern, resp. ihre Mitspieler zu inspirieren. Die Zuhörenden wollten nun «dasselbe wie die Gruppe vorher» spielen - aber wie haben die das gemacht?
Programm 4. Tag: Inbetriebnahme des Tontainers. Die SchülerInnen überlegen gemeinsam mit Roman Rutishauser und Stephanie Angst, wie der Tontainer beim Familienfest «Kulturflug» der Öffentlichkeit präsentiert werden soll und welche Rolle sie dabei spielen möchten. Generalprobe für den Festbetrieb.
Tagebuch RR: Dieser Punkt kam zu früh, resp. war absolut uninteressant für die Kinder, weil alle noch immer hochmotiviert und engagiert als MusikerInnen weiterarbeiten wollten. Nochmals machten wir eine kurze Phase «Solo» - teilweise mit mir zusammen. Dann kam es zum Hochseilakt: Die ganze Klasse geht in den Tontainer und improvisiert miteinander, konzertiert aufeinander hörend und reagierend, stets schweigend, aufmerksam und achtsam. Das Kunststück ist gelungen: Während über 20 Minuten entwickelte sich im Tontainer ein gemeinsames Musizieren von höchster Qualität. Diese Session wurde mit einem Ipad aufgenommen. Anschliessend hörten wir uns zusammen im Schulzimmer die Aufnahme an. Und wieder war ich erstaunt über die Konzentration, mit welcher die Kinder ihre Musik anhörten: Ohne zappelig zu werden, ohne zu sprechen, sondern ganz vertieft in diese Klänge. Wir haben ein Ziel erreicht, welches zu setzen ich mir nicht angemasst hätte. Stühle fürs Publikum holten wir dann auch noch…