Wenn es in der Aula plötzlich mucksmäuschenstill ist
01. August 2020
von Judith Leumann
Einblicke in die gesamtschulische Projektwoche der Sekundarschule Buechholz zu Kommunikation, Konsum, Gesundheit und Identität.
Unter dem Namen «Feel-ok» führte die Sekundarschule Buechholz vom 2. bis 6. Dezember 2019 eine Projektwoche durch. Während fünf Tagen legten die Jugendlichen ihr Augenmerk auf Inhalte, die im Alltag zwar allgegenwärtig sind, aber in denen sie nicht explizit unterrichtet werden: Es ging um Sucht und Konsum, Gewalt und Kommunikation, Sexualität und Identität, Schutz, Rettung und Gesundheit, Achtsamkeit, Sport und Selbstwirksamkeit. Neben ihren vertrauten Lehrer.innen begegneten die Jugendlichen in dieser Woche Personen, die sie im regulären Unterricht nicht vor sich haben: sie kamen mit Lehrpersonen anderer Klassen und Jahrgängen in Kontakt, mit Personal vom Hausdienst, mit Menschen aus der Gemeinde Zollikon, mit Kunstschaffenden, mit Fachkräften aus dem medizinischen Bereich und mit Betroffenen.
Westafrikanische Kultur und mobile Raummöbel
Während zwei Tagen befassten sich Schüler.innen der 1. Sekundarstufe mit verschiedenen Bereichen aus der westafrikanischen Kultur. Die Begegnung und der Austausch mit westafrikanischen Künstlern waren dabei sicher ein Höhepunkt. Mit ihren rhythmischen Trommelklängen und einladenden Tänzen konnten die Kunstschaffenden die Schüler.innen sofort begeistern. Damit alle Sinne angesprochen wurden, haben die Jugendlichen ein feines Buffet mit westafrikanischen Spezialitäten hergestellt, welches grossen Anklang fand. Um Begegnungen im und um das Schulhaus zu fördern hat sich eine weitere Gruppe Schüler.innen während zwei Tagen mit dem Bauen von Möbeln beschäftigt. Die Jugendlichen wurden selbst aktiv und haben gesägt, geschliffen, und zusammengeschraubt. So entstanden am Ende tolle Sitzmöglichkeiten für das Schulhaus. Die Mobilität der neuen Möbel ermöglicht die Erschliessung neuer Begegnungsräume.
Capoeira, Fotografie, Tanz, Musik und ein Begegnungscafé
Der Jahrgang 2 bot verschiedene Ateliers an, für die sich die Schüler.innen anmelden konnten: Capoeira – eine spielerische Kampfbegegnung, Fotoworkshop – Mein Portrait läuft deinem über den Weg, Theater – Begegnung mit Menschen, Tanzen – Let’s dance oder Bailamos, Musik mit Band und Gesang und die Gestaltung eines Begegnungscafés. Alle Gruppen vertieften sich in ihrem Thema und studierten für den Freitagnachmittag eine kleine Show ein. Das Begegnungscafé war für den Rahmen dieses Anlasses zuständig: Sie backten viele Köstlichkeiten, richteten die Aula und das Begegnungscafé ein. Dort begegneten sich die Schüler.innen das erste Mal wieder als gesamte Einheit. Die Portraits von jedem Fotoworkshopteilnehmenden wurden aufgehängt und schmückten das Café zusätzlich. Der Start der Vorführung war dank der Musik und des Tanzes der Capoeira-Gruppe gelungen, die Stimmung im Raum war durch den starken Rhythmus und das Aktivieren jedes einzelnen grandios. Auch die Tanzgruppe zeigte ihre erlernten Schritte mit ihrer Choreografie und die Musikgruppe überraschte durch schöne Stimmen und Klavierspiel. Erst am Schluss des Nachmittags kam Ruhe in die Aula: Die Theatergruppe zeigte kleine Begegnungen – Begegnungen, die im Alltag an uns vorbeiziehen und wir nicht weiter wahrnehmen. Mit selbst gestalteten Masken und ohne Worte spielten die Schüler.innen ihre Szenen vor. Es war mucksmäuschenstill; erst der Applaus unterbrach diese Ruhe wieder.
Einstimmung, Comics und Gebäck
Die Jugendlichen der 3. Sekundarstufe stellten sich auf einer Papierrolle dar, welche im Schulhaus aufgehängt wurde. Hier ging es einerseits um einen gemeinsamen lockeren Einstieg in die Projektwoche, andererseits auch um das Visualisieren der ältesten Jugendlichen im Schulhaus und deren Vorbildrolle für die Jüngeren. Zeichnerisch betätigten sie sich auch im Comic-Kurs, den die Schüler.innen der 3. Sekundarstufe frei wählen konnten. Aufgabe war es, die «Feel-Ok»-Themen in den Comic inhaltlich zu integrieren - z.B. durch die Darstellung, wie ein Konflikt gewaltfrei gelöst werden kann. Die Projektwoche fand in der ersten Dezemberwoche statt, also Anfang der Adventszeit, was im Kurs «Guetzlibacken» aufgegriffen wurde. Hier stand der Austausch zwischen den Generationen im Zentrum. Gemeinsam mit dem Verein Senioren für Senioren wurde dieser Kurs geplant und durchgeführt. Um den Austausch zwischen den Generationen zu fördern, wurden von den Senior.innen und der Lehrperson passende Fragen zu den «Feel-ok»-Themen vorbereitet, die als Gesprächsanregungen gedacht und eingesetzt wurden. Bei den Gesprächen war wichtig, dass nicht ein «Idealbild» der Adventszeit im Sinne von «früher war alles besser» thematisiert wurde, sondern die Sichtweise der einzelnen Jugendlichen abgeholt wurde.
Und die Lehrpersonen?
Alle Lehrpersonen waren aktiv an der Projektwoche beteiligt und arbeiteten in den einzelnen Jahrgängen eng zusammen. Des Weiteren engagierte sich das Organisationskomitee für die Zusammenarbeit über die Jahrgänge hinweg. Die Möglichkeit, neue Personen und Institutionen kennenzulernen und Beziehungen aufzubauen wurde von einigen Lehrpersonen genutzt. Teilweise fand ein Austausch über pädagogische und kreative Herangehensweisen zwischen Kultur- und Kunstschaffenden und Lehrpersonen anhand gemeinsamer Projektplanungen und -umsetzungen statt. Jede Lehrperson definierte ihre Rolle in der Projektwoche selbst, weshalb einige Lehrer.innen diese Möglichkeit nicht wahrnahmen. Personelle Schwierigkeiten innerhalb des Teams erschwerten die Planung der Projektwoche erheblich, da aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle immer wieder Vikare eingesetzt werden mussten und diese auch wechselten. Selbst in der Projektwoche kam es zu krankheitsbedingten Ausfällen und es wurden kreative Lösungen gefunden, um die Situation zu meistern. Dank grossem Einsatz der anwesenden Lehrpersonen konnte die «Feel-ok»-Woche dennoch geplant und durchgeführt werden.
Outcome und Auswertung
Die Jugendlichen bekamen von diesen Schwierigkeiten relativ wenig mit. Sie erlebten eine grossartige Projektwoche und nahmen die Schule als eine Einheit wahr. Sie setzten sich mit den Inhalten der Themenkreise in unterschiedlicher Art und Weise auseinander und begegneten vielen verschiedenen Personen. Eine Auswertung der Projektwoche wurde in der Klassenstunde von den Jugendlichen durchgeführt. Die Lehrperson brachte diese Rückmeldungen wiederum ins Jahrgangsteam. Dort fand ein weiterer Austausch, diesmal unter den Lehrpersonen statt. Diese Informationen wurden von einzelnen Projektgruppenmitglieder in das Organisationskomitee getragen, welches erneut über die Weiterentwicklung der Projektwoche diskutierte. Ende April gelangte zudem eine Onlineumfrage mit Fokus auf die nächste «Feel-ok»-Woche an alle Lehrpersonen. Anhand dieser wird die Projektgruppe die Planung für die nächste «Feel-ok»-Woche in Angriff nehmen.
Weitere Einblicke finden Sie in der Dokumentation des Projekts.