Gerappte Berufsvorbereitung
Brig, Oberwalliser Mittelschule St. Ursula
Ein Gastbeitrag vom Lehrer und OMS-Kulturbeauftragten Stefan Truffer
Schule: Brig, Oberwalliser Mittelschule St. Ursula
Kulturagent.in: David Zehnder
Zeitraum: 15.01.–29.01.2024
Adressat.innen: Schüler.innen
Klassenstufe: 10. Schuljahr SFB (Schule für Berufsvorbereitung)
Anzahl Teilnehmende: 2 Schulklassen
Partner.innen: Simon Tschopp alias Saimon Disko
Der Rapper Saimon Disko zu Besuch im Fach «Zugang zur Arbeitswelt»
Gleich zweimal durchdrangen frühmorgens bassige Old-Schol-Beats und hallverliebte New-School-Beats den Informatiktrakt der Oberwalliser Mittelschule in Brig. Simon Tschopp alias Saimon Disko wechselte mit seinen technischen Gerätschaften für zwei Vormittage vom Thunersee ins Rhonetal und gab den Schüler*innen des 10. Schuljahres (Schule für Berufsvorbereitung) das notwendige Rüstzeug für eine spätere Rap-Karriere mit auf den Weg. Am 15. und 29. Januar 2024 berappte Saimon das Fach «Zugang zur Arbeitswelt». Gemeinsam mit den Klassenlehrern, Lionel Gsponer und Stefan Truffer, installierte Simon kurz vor 8 Uhr die letzten Mikrofone und freestylte sich in Stimmung. Um Authentizität, um Ehrlichkeit, um Glaubwürdigkeit ginge es, so Saimon Disko, der vor allem den Freestyle als Hip-Hop-Bereich für sich entdeckt hat. Die grosse Maskerade, ein Scheingangstertum oder die Täuschung mit Bling-Bling-Granaten funktioniere für ihn im Hip-Hop nicht. Im Hip-Hop solle jede*r über das wahre «Ich», die eigene Geschichte erzählen. Dieses Anliegen vermittelte Saimon kurz nach dem Erklingen der Schulglocke auch den Schüler*innen, welche als Hip-Hop-Konsument*innen von Saimon auf ihr Hintergrundwissen zu Rap, Breakdance, Graffiti und Beats – die Big Four des Hip-Hops – getestet wurden. Ziel der beiden Vormittage war jedoch nicht das Dozieren über simple Hip-Hop-Fakten. Vielmehr sollte Herr Disko die Schüler*innen aus der Reserve locken.
Rap und das Fach «Zugang zur Arbeitswelt» haben eine grosse Gemeinsamkeit: Die geforderte Authentizität. Das Fach bietet den Schüler*innen des 10. Schuljahres den nötigen Zeitrahmen, sich um die passende Anschlusslösung im kommenden Schuljahr zu kümmern. Sei dies eine Lehrstelle oder ein schulischer Weg. Und bei diesem Prozess gilt es, sich um Ehrlichkeit und Authentizität zu bemühen: Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich? Gerade bei der Simulation von Bewerbungsgesprächen wird in «Zugang zur Arbeitswelt» regelmässig auf die gebotene Authentizität hingewiesen. Ziel der Rap-Workshops war es, die Schüler*innen für einmal etwas Ungewohntes tun zu lassen. Obwohl viele der Schüler*innen regelmässig Rhymes und Beats durch ihre Ohrstöpsel sausen lassen, so ist das Dichten eigener Vierzeiler, das Abstimmen der Lyrics auf den Beat und das Aufnehmen der Kreationen mit einem Mikrofon für die allermeisten ungewohnt. Einzelne versteckte Talente offenbarten sich; anderen Schüler*innen sah man den Stolz über die Rap-Premiere sichtlich an. Aus der Reserve locken. Dies soll auch auf Bewerbungsgespräche oder allfällige Assessments vorbereiten. Saimon wollte die Jugendlichen positiv verstärken, indem er sie über das sprechen liess, was sie bewegt. So entstanden zahlreiche Rhymes in den verschiedensten Sprachen: Deutsch, Französisch, Portugiesisch, Englisch oder Ukrainisch. Die Jungrapper*innen wagten sich schliesslich alle an das Mikrofon. Vor allem war es für viele überraschend, die eigene Stimme über Kopfhörer zu vernehmen: «Ich finde meine Stimme irgendwie so komisch», so einige der Jungrapper*innen. Doch auch dies fällt mit den Zielen des Fachs «Zugang zur Arbeitswelt» zusammen: Den eigenen Auftritt reflektieren, neues wagen, sich selbst ausdrücken.
Saimon Tschopp hat die Teilnehmer*innen immer wieder dazu ermutigt, das zu erzählen, was sie umtreibt; das zu rappen, was sie bewegt. Von der Vorliebe für Katzen, über die Pisten in Zermatt oder das harte Prüfungsleben: viele Themen wurden aufgegriffen und alle Teilnehmer*innen haben sich auf Band verewigt – auch die beiden Lehrpersonen. Und wer weiss! Vielleicht wird in diesem Schuljahr eine Lehrstelle aufgrund eines gelungenen Raps im Bewerbungsgespräch vergeben. Kreativität sollte ja stets belohnt sein und die klassischen Bewerbungsdossiers treten zusehends in den Hintergrund. Zur Abrundung der beiden Vormittage gab es während der grossen Vormittagspause von Saimon Disko was auf die Ohren. Eine Revue auf die beiden Vormittage und die Fähigkeiten von Saimon liefert der schuleigene Podcast «Radio OMS». Den Radio-Link dazu finden Sie hier