Kulturagentinnen und Kulturagenten Schweiz

Im August 2018 starten sechs Kulturagent.innen in ihren Schulen in den Kantonen Zürich, Bern, Freiburg und Wallis. Zusammen mit den Kulturagent.innen besuchen meine Co-Projektleiterin Carmen Mörsch und ich die 12 Partnerschulen in der letzten Woche der Sommerferien.

Im Zentrum steht das Kennenlernen, der gemeinsame Start in das Projekt. Langnau am Albis – Neftenbach – Brig – Bulle – Zofingen: Unsere Reise führt uns während zwei Wochen quer durch die Schweiz. Zug, Bus, Googlemap; selten bin ich so viel durch Bahnhöfe gerannt, und nach abfahrenden Postautos gehechtet. Doch die Expedition lohnt sich:
Im Austausch mit Schulleitungen und zukünftigen Kulturbeauftragten erhalten wir Einblicke in die Schulen. Die Erwartungen und Wünsche an das Projekt Kulturagent.innen sind oft unterschiedlich, genauso auch die Befürchtungen und Vorbehalte. Formuliert wird die Hoffnung, Kultur als festen Bestandteil der Schule zu etablieren, lustvolle Zugänge zu kulturellen Erlebnissen zu schaffen, Kulturprojekten als Gegenbalance zu leistungsorientierten Lernformaten Raum zu geben und über den ‹Blick von aussen› mehr über die eigene Schule zu erfahren. Manchmal ist es auch der finanzielle Aspekt, der im Vordergrund steht, oder auch die zusätzlichen Ressourcen die das Projekt Kulturagent.innen Schweiz den Schulen bietet. Die wohl am häufigsten formulierte Befürchtung die wir hören, ist die Überforderung der Ressourcen, die Lehrpersonen in ihren schon knappen Pensen mit zusätzlichem Aufwand zu überlasten. Im Grundton kommt uns jedoch eine offene, interessierte Haltung entgegen, Lust sich mit dem Projekt Kulturagent.innen auf neue Horizonte einzulassen.

Spannend ist zu erfahren, welche Themen die Schulen beschäftigen, und welche Rolle die Kulturagent.innen darin spielen können.
In einer Schule hören wir im Laufe der Sitzung, dass die hochmoderne Architektur des Schulgebäudes, welches kürzlich renoviert und ausgebaut wurde, bei vielen Lehrpersonen und Schüler.innen das Gefühl der Anonymität, ja des Unbehagens auslöst. Die Farbwahl, das grelle Licht und die matrixartige Raumaufteilung in einem der Stockwerke verfolgen eine Lehrperson gar in ihren Träumen. Die Thematik des Raums kristallisiert sich rasch als ein Themenfeld heraus, welches unsere Kulturagentin bearbeiten könnte. Bei einem nächsten Schulbesuch sprechen wir über die bevorstehende Fusion zweier Schulhäuser, welche sich soziodemographisch stark unterscheiden. Es gibt viele offene Fragen, wie werden die Kinder auf die Zusammenführung der Schulhäuser reagieren? Wie wird sich die Reorganisation auf die Lehrpersonen und das Kollegium auswirken? Auch hier stellt sich rasch die Frage, wie der Kulturagent dieser Schule den bereits laufenden Prozess begleiten kann.

Im Anschluss an die Gespräche dürfen wir uns die Räumlichkeiten der Schulen näher ansehen. Keine Schule ist hier wie die andere. Wir sehen Treppen auf einem Pausenhof in Form eines Amphitheaters, Puppenspielerräume mit Marionettenfundus, eine umfunktionierte Wohnung des Schulwartes, in einem Raum hängt ein riesiger Boxsack. Wir sehen viel Kunst am Bau, Klassenzimmer in unterschiedlichsten Kompositionen – vom Churer-Modell bis zur klassischen Reihenkonstellation – , schallisolierte Bandräume, noch leere Wände und Garderoben vor dem Schulstart nach den Sommerferien.

Nach diesen Besuchen und Begegnungen habe ich das Gefühl, jedes Mal auf anderen Planeten gelandet zu sein. Jede Schule hat eine andere Ausgangslage, eine eigene Schulkultur, individuelle Bedürfnisse und Ziele. Auf diese Bedürfnisse gilt es im Projekt einzugehen und sie in die künstlerischen Prozesse einfliessen zu lassen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, welche die Kulturagent.innen und Partnerschulen in den nächsten vier Jahren erwartet. Ich freue mich darauf!