Kulturagentinnen und Kulturagenten Schweiz

Als vor einigen Wochen viele Länder mit einem Lockdown auf die Covid-19 Pandemie reagierten, kamen plötzlich viele mediale Bilder von Tieren in Umlauf. Ich weiss nicht ob ihr diese Fotos von Tieren, die den Raum in Städten zurückerobern, gesehen habt: Wildschweine auf den Strassen, Fische in klaren Kanälen oder umherstreifende Pumas sind Beispiele einer längeren Liste. Im diesem kritischen Moment – in dem wir Menschen in Quarantäne eingesperrt sind – sinkt die Umweltverschmutzung und die Natur erholt sich. Und sofort, nach Jahrhunderten des exzessiven Raubbaus am Ökosystem, am Regenwald an natürlichen Ressourcen wie Öl, nach Jahrhunderten kapitalistischer und kolonialistischer Praktiken und einer führenden Rolle des Menschen, erhalten der Planet und seine tierischen Bewohner.innen eine Hauptrolle in einem dystopischen Szenario.

Was lernen wir aus der Covid-19-Krise? Kann nun ein weltweites, demokratisches Projekt in einer gleichgewichtigen Beziehung zwischen allen Lebewesen möglich werden? (Wie) kann die Trennung zwischen Tier und Mensch aufgehoben werden? Diese Aus- und Abgrenzung von Lebewesen kommt historisch nicht unschuldig daher. Seit dem 18. und 19. Jahrhundert, und während der europäischen kolonialen Expansion, werden lebendige Körper systematisch und hierarchisch eingeteilt: beispielsweise durch die Taxonomie von Spezien und die Rassifizierung von Menschen. Diese Klassifizierungssysteme etablieren ein binäres Oppositions-System, das Lebewesen in entweder männlich oder weiblich, in weiss oder schwarz, in heterosexuell oder homosexuell, in menschlich oder tierisch, usw. einteilt. Dieses binäre System festigt Hierarchien zwischen den Lebewesen und somit auch Diskriminierungstaten. Viele werden in dieser Logik abgewertet und ausgegrenzt: Tiere, People of Color, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Frauen und Menschen mit diverser sexueller Orientierung und Geschlecht.

Jetzt während Covid-19, wo Tiere in Städten frei herumspazieren, ergibt sich die Gelegenheit solche Klassifizierungssysteme, die bis heute politische Machtstrukturen unterlaufen, neu zu denken und möglicherweise abzuschaffen. Bildungsinstitutionen – wie Schulen und Museen – können zu einer Veränderung von solchen binären Mustern beitragen.
Das Beispiel der Tiere auf der Strasse birgt die Vision einer kollaborativen Gemeinschaft aller Lebewesen, eines Planeten auf welchem alle Lebewesen gleichgestellt sind.